- (c) Hartwig Henkel, http://hand-in-hand.org/
Das Glaubensleben der Juden kreist um ein Ding, und das ist: Der Messias muss kommen. Der Messias ist unsere Hoffnung.
Und dann sagt Petrus und er beweist es ihnen in der Kraft des Heiligen Geistes: Dieser Messias, auf den ihr wartet, ist gekommen. Und ihr habt ihn nicht erkannt und ihr habt ihn ermordet!
Und als sie das gehört haben, durchdrang es ihr Herz. Und das heißt, ihre ganze Überzeugtheit von ihrem Glauben ist in Stücke zerborsten und sie haben verstanden, das war kein echter Glaube. Der hat nichts bewirkt in meinem Leben. Ich sage, ich warte auf den Messias – und dann kommt der Messias und ich verkenne ihn und ich erhebe meine Stimme und rufe mit „kreuzigt ihn“.
Was ist mein Glaube wert wenn ich auf den Messias warte und ich kann ihn gar nicht erkennen? Sie haben mit einem Augenblick durch das Schwert des Geistes diesen ganzen Kokon, dieses Lügengespinst einer selbstgemachten Religion zerfetzt bekommen.
Und deswegen sind sie so erschrocken und deswegen sagen sie: Ja, was sollen wir jetzt tun?
Gemeinde beginnt mit zerbrochenen Menschen, die diese Frage stellen: Was soll ich tun?
Und wie viele Male erleben wir das: Leute kommen von einer anderen Gemeinde, sie sind noch gar nicht hier angekommen und erzählen uns schon, was wir jetzt zu tun haben und sagen: Ja, aber in unserer alten Gemeinde haben wir das so gemacht – warum macht ihr das nicht auch so und so?
Sie kommen nicht als Lernende, sondern sie kommen als Besserwisser. Und sie wissen alles besser. Was beweist, dass sie nicht zerbrochen sind. Ein zerbrochener Mensch sagt: Okay, ich habe keine Antworten, bitte leite mich, nimm mich an die Hand und jetzt zeige du mir, worum es geht. Zeige du mir, wie ich jetzt leben soll. Das ist Zerbrochenheit. Und so beginnt Gemeinde.
Und viele, viele Pastoren habe ich kennengelernt in meinem über 20jährigen Reisedienst, die verzweifeln im Gemeindebau an Menschen, die alles besser wissen und die immer im Wege stehen und die immer opponieren müssen. Und ich sage: Weißt du was, du versuchst etwas, was nicht einmal Jesus schaffen konnte und auch gar nicht erst versucht hat – du versuchst mit störrischen, rebellischen, unabhängigen Menschen Gemeinde zu bauen – das kann nicht funktionieren und das wird nicht funktionieren. Du musst deine ganze Arbeitsweise umstellen.
Gemeinde kann nur gebaut werden mit willigen Menschen, mit Menschen, die bereit sind, in ihr Leben sprechen zu lassen. Die bereit sind, sich zu ändern. Die bereit sind, Wahrheit über ihren Charakter zu hören. Die bereit sind, an sich arbeiten zu lassen oder Gott an sich arbeiten zu lassen. Gemeinde kann nicht funktionieren mit lauter kleinen Königen: Ich und mein Reich und komm mir nicht zu nah und hier ist privat und da darfst du überhaupt nicht.
So kann Gemeinde nicht gebaut werden. Wir können Gottesdienst machen – ja. Versammlungen möglichst störungsfrei abhalten, das können wir hinkriegen. Aber das hat nichts mit Gemeinde zu tun, Gemeinde ist nicht eine Reihe von vier Veranstaltungen pro Woche, Gemeinde ist eine Gemeinschaft von Menschen, die einander gehört, die einander verpflichtet ist, die gemeinsam lernen unter der Herrschaft Christi zu leben. Das ist Gemeinde. Es ist eine Lebensschule.
Und nebenbei eine Lebensproblemebewältigungsanstalt. Das ist Gemeinde.
Und das heutige Verständnis von Gemeinde ist sehr ähnlich, und ich finde es interessant – man spricht ja auch von „Theatergemeinde“. Schon mal in der Zeitung gelesen, den Begriff „Theatergemeinde“? Das sind so die Verschworenen, die zu jeder neuen Uraufführung kommen irgendwie, und die treu sind zu diesem Theater und die interessieren die Stücke und die kommen da. Und warum kommen die? Die kommen wegen des Programms auf der Bühne. Die kommen nicht um die Leute rechts und links und vor ihnen und hinter ihnen kennenzulernen. Da haben die gar nichts mit zu tun. Die haben ein Abo und die kommen zu jeder Aufführung und dann nennt man das Theatergemeinde.
Und in dieser Mentalität funktionieren heute ein Großteil der Gemeinden.